EMV-Analyse zur Ursachenklärung von Ausgleichsströmen in Industrieanlagen
Einleitung
In modernen Industrieanlagen treten zunehmend unerwünschte Ausgleichsströme auf, die nicht nur EMV-Probleme verursachen, sondern auch zu Produktionsstörungen, Anlagenverschleiß oder Ausfällen von Elektronik führen können. Besonders betroffen sind energieintensive Betriebe mit komplexer Netzstruktur, dezentralen Stromversorgungen und empfindlicher Automatisierungstechnik.
Dieses White Paper zeigt auf, wie eine gezielte EMV-Analyse helfen kann, die Ursachen dieser Ausgleichsströme systematisch zu identifizieren und nachhaltig zu beheben.
Was sind Ausgleichsströme?
Ausgleichsströme sind unerwünschte Rückflüsse im Potenzialausgleichs- oder Erdungssystem, die typischerweise durch
- Netzunsymmetrien
- Oberschwingungen
- Störspannungen (EMV-Effekte)
- Mehrere Erdungspunkte
- kapazitive Kopplungen zwischen Kabeln und Betriebsmitteln
verursacht werden. Diese Ströme verlaufen z. B. über PE-Leiter, Erdungsanlagen oder metallische Konstruktionen – oft fernab ihres vorgesehenen Pfades.
Risiken und Auswirkungen
Die Folgen von Ausgleichsströmen sind vielfältig:
- Korrosion an Rohrleitungen und Erdungen
- Fehlauslösungen von RCDs und Schutzorganen
- Störungen in Kommunikation und Messdaten
- Lagerströme in Motoren, Schäden an Wälzlagern
- Erhöhte EMV-Belastung in IT- und Automatisierungsnetzwerken

PQE EMV-Analyse – Die systematische Ursachenklärung
Eine professionelle EMV-Analyse kombiniert Messtechnik, systemisches Know-how und Netzwerkanalyse. Der typische Ablauf gliedert sich in folgende Phasen:
1. Bestandsaufnahme
- Anlagenstruktur, Erdungskonzept, Potentialausgleichssystem
- Dokumentation von Störungen (wann, wo, wie häufig)
- Sichtprüfung kritischer Betriebsbereiche
- Messungen
- Strommessung an PE-Leitern, Kabelschirmen und Erdverbindungen
- Differenzstrommessung (z. B. in TN-S vs. TN-C-Abschnitten)
- Erdwiderstandsmessung an Trafostationen, Fundamenterdern…
- Frequenzanalyse (FFT) zur Identifikation von Oberschwingungen
- Kurvenformen von Spannungen und Strömen
- Bewertung und Dokumentation
- Klassifizierung der Störungen (galvanisch, induktiv, kapazitiv)
- Erkennen von Mehrfacherdungen, Schleifen oder schlechter Schirmung
- Dokumentation fehlerhaften Anlagenaufbaus hinsichtlich EMV
- Berichtserstellung mit Maßnahmen-Matrix
Typische Ursachen – Praxisbeispiele
Ursache | Beschreibung | Beispiel |
Mehrpunkt-Erdung | Ungewollte Strompfade zwischen mehreren Erdungspunkten | Datenleitungen verursachen Rückströme über PE |
Frequenzumrichter | Einspeisung von Oberschwingungen und Supraharmonischen (Taktfrequenzen) | PE-Ströme > 1 A bei gleichzeitigem Betrieb mehrerer FU |
Schleifenbildung | Induzierte Ströme durch Kabelverlegung in Schleifen | EMV-Störung an SPS-Eingängen |
Schlechter Schirmanschluss | Kapazitive Einkopplung in Steuerleitungen | Fehlauslösungen bei Näherungssensoren |
Maßnahmen zur Reduktion von Ausgleichsströmen
- Umstellung von TN-C auf TN-S Netzsystem
- Potenzialausgleich optimieren (z. B. Vermeidung von Schleifen)
- Einsatz von Trenntransformatoren oder Entkopplungsfiltern
- Verbesserung der Schirmtechnik (360°-Kontaktierung)
- Einsatz von EMV-Filtern
Fazit
Ausgleichsströme sind ein häufig unterschätztes Risiko für den sicheren Betrieb von Industrieanlagen. Eine fundierte EMV-Analyse bietet den Schlüssel zur Ursachenklärung und nachhaltigen Behebung. Dabei gilt: Jede Anlage ist individuell – Standardlösungen helfen selten. Es braucht erfahrene Spezialisten, Messtechnik und ein tiefes Verständnis der physikalischen Zusammenhänge im industriellen Stromnetz.
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